Wahlaufruf der DGB-Gewerkschaften
Wahlaufruf als PDF
Herborn und Wetzlar, den 20. Juni 2024
Stichwahl zum Landrat. Näher dran an den Menschen kann eine Wahl, kanneine politische Ebene nicht sein. In der Stichwahl zum Landrat des Lahn-Dill-Kreises am 30. Juni 2024, zwischen Frank Inderthal (SPD) und Carsten Braun(CDU), wird darüber entschieden, wie unsere unmittelbare Umgebung aussieht,welche Angebote es gibt, welche Bauten errichtet, abgebrochen oder saniertwerden und ob das zu fairen oder unfairen Bedingungen stattfindet.
Wer, wann, wie unseren Müll abholt und wohin er gebracht wird. Ob es vor Ortein Schwimmbad gibt und ob sich Beschäftigte mit ihren Familien dieses undandere Vergnügen leisten können. Ob es preiswerten Wohnraum und eineausreichende medizinische Versorgung gibt, ob der ÖPNV/SPNV attraktiv istund ob die Schule vielleicht doch noch vorher saniert wird.
All das sind Aufgaben der Kreisverwaltung und des zukünftig an der Spitzestehenden Landrats. Und deshalb ist es so wichtig, als Arbeitnehmerin undArbeitnehmer zur Stichwahl zu gehen. Neben der Wichtigkeit zur Wahl zu gehenund somit für Beschäftigte dienliche Mehrheiten zu sorgen, ist es darüberhinaus wichtig sich zu organisieren und einer DGB-Gewerkschaft beizutreten.Nicht erst die multiplen Krisen der letzten Jahre haben gezeigt, dass der besteSchutz Solidarität und die Organisation in einer DGB-Gewerkschaft ist, sondernmit Blick auf die vor uns liegenden umfassenden Herausforderungen:Transformation, Digitalisierung, Globalisierung bzw. globaler Wettbewerbsowie Fachkräftemangel und Demographie, sind diese Prinzipien unddurchsetzungsfähige Gewerkschaften für den gesellschaftlichen Zusammenhaltund einen erfolgreichen Wandel essenziell.
Gerade der Lahn-Dill-Kreis als industriedichteste Region in Hessen, mit einemhohen Anteil an produzierendem Gewerbe in der Zulieferer- und energieintensivenIndustrie, braucht verlässliche politische Rahmenbedingungen sowie kommunalpolitische Zukunftskonzepte, die sich an den Leitlinien Beschäftigungssicherung,„Gute Arbeit“, soziale Sicherheit und letztlich an den Beschäftigtenausrichten. Aus gewerkschaftlicher Sicht bedeutet dies bzw. der Begriff„Gute Arbeit“, eine starke Mitbestimmung durch Betriebs- und Personalräte,dass Beschäftigungsverhältnisse sicher und unbefristet sind, die Vereinbarkeitvon Familie und Beruf sowie der Gesundheitsschutz gewahrt und gerade imUmbruch Qualifizierung, Aus- und Weiterbildung gewährleistet werden.Ein starker Landrat sollte im Kampf um die Sicherheit der Zukunft von Arbeitsplätzen,Betrieben und einer funktionierenden öffentlichen Daseinsvorsorgeein starker Partner der Gewerkschaften und der betrieblichen Interessensvertretungensein. Politik wird nicht nur in Berlin gemacht, sondern ganz aktiv vorOrt. Ein starker Partner spricht mit Betriebs- und Personalräten, mit Beschäftigtenund all jenen, die direkt durch die Transformation betroffen sind. Der künftigeLandrat braucht eine starke Verankerung in den Betrieben, denn nur sokönnen die wachsenden Herausforderungen gemeinsam gemeistert werden.Exemplarisch können hier die betrieblichen Konflikte bei Buderus Edelstahl,Continental und Selzer aufgeführt werden. Es ist wichtig, dass der zukünftigeLandrat als Partner solidarisch an der Seite der Beschäftigten steht. Als positivesVorbild dient hierbei der ausscheidende Landrat Wolfgang Schuster.Des Weiteren ist es entscheidend, Einkommen zu stärken, um einerseits denArbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern Perspektiven zu bieten und andererseitsauch die nötige Kaufkraft anzuheben. Die Erosion des Tarifvertragssystems– in Hessen arbeiten nur noch knapp 20 Prozent der Beschäftigten beieinem Unternehmen mit Tarifvertrag, hat nicht nur individuelle Auswirkungenauf den Geldbeutel der Beschäftigten, sondern auch Auswirkungen auf unseregesamte Volkswirtschaft und den Wettbewerb. Der zukünftige Landrat ist somitgefordert, politische Rahmenbedingungen zu schaffen, die diesem TrendEinhalt gebieten. Deshalb fordern wir eine enge Zusammenarbeit mit demkünftigen Landrat sowie Ansprechbarkeit und Sensibilität für die Themen derZukunft und der Bevölkerung.Die Nähe des künftigen Landrates zu den Menschen, das Anerkennen derÄngste und Probleme ist elementar wichtig, um ein weiteres Erstarken vonextremistischen Strukturen zu minimieren. Der Aufstieg dieser, vor allemrechtsextremer Strukturen, ist in unserer Gesellschaft überall spürbar.Hass, Gewalt und Unsicherheit muss durch eine aktive Politik entgegengewirktwerden. Dabei darf das Schüren von Feindbildern keine Rolle spielen.Als Bürgermeister heimischer Kommunen, bringen beide Kandidaten Erfahrungmit in das mögliche neue Amt als Landrat. Erfahrung allein reicht jedoch nichtaus. Es braucht eine Bereitschaft Dinge aktiv zu gestalten und ehrlichanzupacken.Wir, der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften, rufen unsere Mitglieder sowiealle Bürgerinnen und Bürger des Lahn-Dill-Kreises zur Beteiligung an der Stichwahlzum Landrat auf. Die direkte Wahl des Landrates ist eines der höchstendemokratischen und freiheitlichen Rechte, die Bürgerinnen und Bürgern,Seite 3/3 V.i.S.d.P.: DGB-Region Mittelhessen, Robin Mastronardi, Walltorstraße 17, 35390 Gießenzukommt. Dies sollte man ernst nehmen und sich seiner Verantwortungbewusst sein.
Anforderungen an den zukünftigen Landrat zusammengefasst:• Eine aktive Politik für die Menschen im Lahn-Dill-Kreis• Im Zentrum der kommunalen Wirtschaftsförderung muss der Erhalt und dieSchaffung von sozial abgesicherten und zukunftsorientierten Arbeitsplätzensowie die Stärkung der Tarifbindung und betrieblichen Mitbestimmungstehen• Unternehmen, die durch Lohnunterbietung, ausbeuterische Arbeitsbedingungenund Steuerflucht auffallen, sollte eine Ansiedlung und Expansionverwehrt bzw. erschwert werden: Keine Unterstützung von prekärer Arbeit,wie z.B. Befristungen, Minijobs, Leiharbeit und Werkverträge.• Teil einer aktiven und nachhaltigen Industrie- und Strukturpolitik muss diePerspektive der Beschäftigten in den Fokus setzen• Weiterführung des Wirtschaftsdialogs• Verbindliche kommunale Vergaberichtlinien erstellen und Stärkung sozialerStandards bei öffentlichen Ausschreibungen• Keine Kürzungen bei der öffentlichen Daseinsvorsorge:o Ausbau von Betreuungsplätzen bzw. sozialer Infrastrukturo Gesundheitsversorgung ist Daseinsvorsorge: Keine Privatisierungoder Kürzungen bei der medizinischen Versorgung.Bessere finanzielle und personelle Ausstattung der Kliniken undPflegeeinrichtungen• Demokratie fördern: Stärkung zivilgesellschaftlichen Engagements